IT-Schizophrenie

Zwischen Fortschrittsillusion und Digitalem Stillstand

Warum wir jetzt über IT-Schizophrenie sprechen müssen!

Ich bin Dr. Claus Michael Sattler, Interim-CIO und Experte für IT-Infrastruktur-Management, OT-Integration/Industrie 4.0, Data-Analytics sowie datengetriebene Management-Entscheidungen. Als Berater, Keynote-Speaker, Aufsichtsrat, Buchautor und Hochschuldozent stoße ich täglich auf das gleiche Paradoxon: Jeder Unternehmensprozess hängt von IT ab – und trotzdem wird die IT behandelt, als sei sie ein lästiger Anachronismus.

Was ich in unzähligen Mandaten, Vorträgen und Workshops erlebe, ist keine Ausnahme, sondern die Regel. Diese Widersprüchlichkeit, diese „IT-Schizophrenie“, bestimmt den Alltag deutscher Unternehmen. Die Folgen sind gravierend: Innovationsstau, Wettbewerbsnachteile – und eine massive Gefährdung der Zukunftsfähigkeit.

Die schizophrene Haltung: IT als Rückgrat und Stiefkind zugleich

Die Allgegenwart der IT

Ohne IT läuft heute nichts mehr. Produktionsprozesse, Logistik, Kundenkommunikation, Marketing, Vertrieb, HR, Finanzen, Controlling – jeder einzelne Geschäftsprozess ist digital durchdrungen. Wer heute noch glaubt, die „IT“ sei nur ein weiteres Ressort von vielen, lebt geistig weiterhin in der Zeit von Schreibmaschine, Fax und Kaffeeküche.

Die Mär von der Kostenstelle

Trotz dieser Realität betrachten viele Entscheider die IT noch immer als notwendiges Übel – eine reine Kostenstelle, die es zu minimieren, zu „sourcen“ oder zu ignorieren gilt. HR, Finanzen und Controlling gelten als strategische Querschnittsfunktionen, die integraler Bestandteil der Unternehmensführung sind. Die IT bleibt dagegen erstaunlich oft außen vor, wird kaputtgespart oder ins Outsourcing abgeschoben. Willkommen in der IT-Schizophrenie!

Zahlen, Daten, Fakten: Die harte Realität im Jahr 2025

  • IT-Budgets stagnieren: Während Unternehmen gerne in neue Standorte oder Marketing investieren, bleibt das IT-Budget meist auf dem Stand von vor zehn Jahren. Die steigenden Anforderungen werden ignoriert, überlagerte Systeme und fehlende Aktualisierungen gefährden die Betriebssicherheit.
  • Fachkräftemangel: IT-ExpertInnen sind Mangelware, freie Stellen bleiben monate- oder jahrelang unbesetzt. Trotzdem fehlt vielen Vorständen der Mut zu konsequenten Investitionen in Mitarbeiterbindung oder Weiterbildung.
  • Cybersecurity als Randnotiz: Reale Sicherheitsvorfälle machen Schlagzeilen, doch oft fehlt ein klares Verständnis für die reale Bedrohungslage und entsprechende Schutzmechanismen – auch das ist IT-Schizophrenie.
  • Digitalisierungsprojekte stocken: Viele Digitalisierungsinitiativen scheitern oder dümpeln dahin, weil grundlegende IT-Kompetenz, Change Management und eine strategische Herangehensweise fehlen.

Die Ursachen: Warum hält sich die IT-Schizophrenie so hartnäckig?

Altes Denken in neuen Zeiten

Viele Führungskräfte, die heute Unternehmen lenken, sind in den 1990er Jahren sozialisiert worden. Damals war IT teuer, schwer steuerbar und gefühlt weit weg vom Kerngeschäft. Diese Denkmuster wirken bis heute nach – eine gefährliche Fehleinschätzung, denn die Digitalisierung hat sämtliche Spielregeln geändert.

Unklarer strategischer Stellenwert

Die wenigsten Unternehmen definieren eine klare, IT-getriebene Unternehmensstrategie. Häufig bleibt die IT in der Umsetzung, anstatt auf Vorstandsebene als „Business Enabler“ mitzuwirken. Die Folgen sind vorhersehbar:

  • IT-Projekte bekommen keinen echten Mandatscharakter.
  • Die IT darf nicht über den eigenen Verantwortungsbereich hinaus denken.
  • Innovationsimpulse verdampfen in der Silo-Organisation.

Zwischen Wunsch und Wirklichkeit

Es ist paradox: In fast jedem Strategiedokument steht „Digitalisierung“ weit oben. Aber wenn es darauf ankommt – Personal, Budget, Relevanz –, dann dominiert die Sparlogik. Die IT wird wie eine Werkstatt betrachtet, anstatt als Rückgrat des Geschäftsmodells.

Die Querschnittsfunktion IT: Viel mehr als Technik

Definition: Was ist eine Querschnittsfunktion?

Eine Querschnittsfunktion übernimmt Verantwortung „über alle Linien hinweg“ – sie verbindet Fachbereiche, sorgt für Standardisierung, Effizienz und Innovation. Klassische Querschnittsfunktionen sind HR, Finanzen oder Controlling.

Die IT erfüllt genau diese Rolle: Sie ermöglicht und steuert Unternehmensprozesse, sorgt für Datensicherheit, Transparenz, Effizienz und Wachstum. Kurz: Ohne IT keine moderne Unternehmensführung.

Querschnittsfunktion

Typische Aufgaben

Bedeutung für das Unternehmen

HR

Recruiting, Personalentwicklung, Arbeitsrecht

Personalbindung, Unternehmenskultur

Finanzen

Buchhaltung, Planung, Budgetierung

Liquidität, Steuerung

Controlling

Analyse, Reporting, Steuerungsmaßnahmen

Transparenz, Effizienz

IT

Digitale Prozesse, Infrastruktur, Innovation, Sicherheit

Wettbewerbsfähigkeit, Zukunft

Typische Symptome der unternehmerischen IT-Schizophrenie

Die „doppelte Realität“ in den Organisationen

  • Digitalisierung in der Außendarstellung – analoge Prozesse im Alltag
  • Agilität proklamieren, Legacy-Systeme pflegen
  • Innovationsdruck predigen, aber Standardsoftware endlos weiterverwenden
  • IT als Innovationstreiber benennen, aber weder Befugnisse noch Ressourcen übertragen

„Positiv- und Negativsymptome“ der IT-Schizophrenie

Angelehnt an medizinische Kategorien:

  • Positivsymptome: Aktionismus ohne Substanz, überhastete Technologiewechsel, Massenankündigungen ohne nachhaltige Umsetzung, Investitionen in kurzfristige Trends
  • Negativsymptome: IT-Verhinderer, zähe Freigabeprozesse, Ressourcenverweigerung, veraltete Infrastrukturen, fehlende Weiterbildungsinitiativen

Konsequenzen der IT-Schizophrenie

Effizienzverlust und Innovationsstau

Eine blockierte IT gefährdet alle Geschäftsbereiche: Prozesse werden langsam, Fehler schleichen sich ein, neue Geschäftsmodelle bleiben auf der Strecke. Wer in der IT bremst, bremst das ganze Unternehmen.

Erhöhtes Risiko für Cyberangriffe

Veraltete Systeme, unsichere Schnittstellen, fehlende Awareness-Programme – all das öffnet Cyberkriminalität Tür und Tor. Die Schadenssummen gehen längst in die Milliarden und bedrohen nicht selten die Existenz.

Mangelnde Wettbewerbsfähigkeit

Während internationale Konkurrenten massiv in AI, IoT, Cloud, Data Analytics und Automatisierung investieren, verharren viele deutsche Unternehmen in IT-Minimalismus. Das Resultat: Der Abstand zur Weltspitze wächst.

Der Ausweg: Radikale Neubewertung der IT

Vorstände und Geschäftsführer müssen IT zur Chefsache erklären

IT muss integraler Bestandteil der Unternehmensstrategie sein – kein „Projekt“, keine „Baustelle“, sondern der operative und strategische Enabler für sämtliche Initiativen. Das bedeutet: CIOs auf Vorstandsebene, echte Budgethoheit, Mandat für Innovation und Transformation.

Abkehr vom Kostenstellen-Paradigma

IT-Investitionen sind „Business-Enablement-Investments“; sie dienen Wachstum, Sicherheit und Marktpositionierung, nicht bloß dem laufenden Betrieb. Wer an der IT spart, spart am eigenen Fundament.

Abschied vom Silo-Denken

IT muss mit Fachbereichen auf Augenhöhe zusammenarbeiten, sich als aktiver Sparringspartner für Geschäftsleitung, Produktion und Vertrieb verstehen. Nur so kann jede(r) im Unternehmen vondenken lernen und gemeinsam Innovationen treiben.

Aufbrechen alter Denkmuster

Kluge Führung heißt, auch bei der Belegschaft anzufangen: Weiterbildung, Employer Branding für IT-Spezialisten, klare Karrierepfade im IT-Bereich. Wer heute kein attraktives Umfeld für „Digital Natives“ bietet, verliert morgen den Anschluss.

Praxisbeispiele: Wenn IT-Schizophrenie das Geschäft ausbremst

Fall 1: Innovation auf PowerPoint, Stillstand im Keller

Ein mittelständischer Produktionsbetrieb wirbt mit „Smart Factory“ – doch Maschinen arbeiten mit Windows XP, Auswertungen erfolgen mit Excel, Papier und Rotstift. Die IT wird zwar bejubelt, aber nicht modernisiert. Der Schaden: massive Ausfallzeiten, gestörte Lieferketten, Datenverlust.

Fall 2: Cyberangriffe als Weckruf

Eine international agierende Dienstleistungsfirma ignoriert Warnungen des IT-Teams zu Systemschwächen. Ein Phishing-Angriff legt tageweise die Produktion lahm. Erst nach sechsstelligem Schaden wird IT-Security zur Chefsache. Typische IT-Schizophrenie: Reaktion statt Prävention.

Die Rolle der IT 2025: Neue Technologien, neue Herausforderungen

  • KI und Data Analytics: Sie transformieren Märkte, brauchen aber eine leistungsfähige Infrastruktur sowie abgestimmte Prozesse und Kompetenzen.
  • Cloud und IT-Security: Ohne konsequente Cloud-Strategie und integrierte Security bleibt jeder Digitalisierungsschritt Stückwerk.
  • OT-Integration & Industrie 4.0: Produktion und IT wachsen zusammen – die Trennung ist ein Relikt. Moderne Wertschöpfung ist ohne diese Integration nicht mehr denkbar.
  • Kompetenzaufbau und Change Management: Menschen sind der entscheidende Erfolgsfaktor. Weiterbildung, Transparenz und eine offene Fehlerkultur sind der Schlüssel.

Mein Appell: Raus aus der IT-Schizophrenie, rein in die Zukunft!

Führungskräfte, das ist Ihr Handlungsauftrag: Machen Sie IT zum Herzstück Ihrer Wertschöpfung! Wer sich weiter auf die IT-Schizophrenie einlässt, verspielt Innovationskraft, Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit. Digitaler Wandel ist keine Option, sondern überlebenswichtig.

  • IT ist nicht die verlängerte Werkbank, sondern das zentrale Nervensystem für Innovation und Wachstum.
  • Wer Prozesse, Produkte und Geschäftsmodelle neu denkt, muss IT als gestaltende Kraft auf Augenhöhe verstehen.
  • Schluss mit Lippenbekenntnissen: Es zählen Taten – Budgets, Mandate, Kompetenzen!

Die IT-Schizophrenie bildet sich nicht von selbst zurück – sie endet nur, wenn wir anpacken. Und zwar jetzt.

Oder um es in die Sprache der Bild-Zeitung zu bringen:

„Wer noch immer glaubt, ohne moderne IT führen zu können, kann auch gleich Nullen von Hand auf den Bankauszug schreiben – und beim Insolvenzverwalter den letzten analogen Prozess einreichen.“

Sie wollen mehr erfahren oder erfahren, wie Ihr Unternehmen den Sprung aus der IT-Schizophrenie schafft? Ich bin der Ansprechpartner, wenn IT den Unterschied machen soll.

Dr. Claus Michael Sattler

Postfach 1142
28833 Weyhe
Deutschland

Tel.: 0049 174 6031377

E-Mail: cms@sattlerinterim.com

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